Skitour zum Steinschartenkopf

Skitour zum Steinschartenkopf
Peischel-Spitze und Hochalpgrat

Nachdem ich letztes Jahr im Sommer zwei Mal an der Mädelegabel bzw. am Schwarzmilzferner, und Anfang März mit Ski in der Bockkarscharte war, folgt jetzt der Anschluss mit einer Skitour zum Steinschartenkopf. Ich wollte schon länger das Gebiet südöstlich des Heilbronner Weges erkunden und durchwandern. Nach einem richtigen Aprilwetter in den Tallagen und einem Mix aus Regen und Schnee in den höheren Lagen schien die Lage für diese Skitour bei kaltem Hochdruckwetter vielversprechend. In den Schattenhängen würde garantiert Pulver sein, die relevanten Sonnenhänge an der gewählten Route sind nicht zu steil und würden auch nicht verharscht sein. In der Tat, die steileren Abschnitte der der Sonne zugewandten Seiten waren kompakt und ich brach nicht ein. Damit bestand auch Aussicht auf guten Firn bei der Abfahrt.

Weite Tragestrecken mit den Skiern am Rucksack

Am Parkplatz in Holzgau starten kurz nach mir zwei weitere Skitourengänger. Ich trage die Skier bis zur Unteren Roßgumpenalpe, weil ich sie nicht andauernd ab- und wieder anschnallen will. Auf diese Situation hatte ich mich eingestellt und Zustiegschuhe getragen. Ein Umstand, an den ich mich dieses Jahr gewöhnt habe: oft müssen die Ski einige Zeit getragen werden. Ski und Skischuhe hingen am Rucksack. Es blieb an diesem Tag bei drei Skitourengängern, die das Ziel Steinschartenkopf wählten.

Am Schochenalpbach entlang nahm die Pulverschneeauflage zu, die Spurarbeit wurde anstrengender. Der Blick wandert immer wieder zu den Hängen der Wildmahdspitze, des Muttekopfes und Wilden Kastens, oder zu denen, die vom Heilbronner Weg herabreichen. Auch der Blick zurück ist verlockend mit Ramstall-Kopf und dem Großen Krottenkopf im Zentrum.

Skitour im Aufstieg zum Steinschartenkopf
Blick zurück: Ramstall-Kopf und Großer Krottenkopf in der Bildmitte

 

Das Tal öffnet sich und gibt den Blick frei

Ab dem Schochenalpsee kommen die letzten 600 Höhenmeter Aufstieg in den Blick und die ganze Pracht der weiten und abwechslungsreichen Hänge liegt vor mir. Reichlich Schneefall zwei Tage zuvor bei recht stürmischem Wetter hat wieder eine fantastische Landschaft hervorgebracht. Mich erfreuen und faszinieren diese wilden und gleichzeitig sanften Oberflächenformen an Kanten, Kuppen, Senken, Felsblöcken und Graten sehr und ich versuche sie mit meiner Kamera zur Geltung zu bringen. Ich liebe auch diese unberührte Weite und Stille, die darin herrscht. Deswegen gehe ich in die Berge: ich kann mich an dieser Schönheit und Vollkommenheit nicht satt sehen. Diese Weite und Schönheit weckt etwas in mir: Freude, ein Gefühl der Freiheit, Staunen, Begeisterung. Ich denke, das liegt daran, dass ich in der Natur der Berge Unschuld, einfaches Sein, Unabhängigkeit, Erhabenheit, Macht, Freiheit symbolisiert sehe. Ich gebe allem, was ich sehe, alle Bedeutung, die es für mich hat.

Im Schlussanstieg zum Steinschartenkopf wieder Pulverschnee

Zum weiteren Aufstieg wähle ich eine Route ungefähr entlang des Sommerweges durch die steileren Hänge, die schon leicht aufgefirnt sind und mich nicht einsinken lassen. In der Sonne wird es nun recht warm. Angekommen in der Nähe von Punkt 2439 wähle ich für die letzten knapp 200 Höhenmeter (HM) den Schattenhang mit Nordostausrichtung. Bei mäßiger Lawinengefahr halte ich Ausschau auf möglichen Triebschnee und fühle mich sicher genug ganz auf den Gipfel zu gehen. Ich freue mich schon auf die Abfahrt im Pulverschnee ca. 350 HM nach Nordosten. 

Schlussanstieg Steinschartenkopf
Blick nach Nordost: Bockkarkopf, Hochfrottspitze und Mädelegabel
Fast auf dem Steinschartenkopf: Blick in die Lechtaler Alpen
Blick nach Osten und auf meinen Schlussanstieg. Das weiter unten erwähnte Schneebrett ging rechts unterhalb meiner Einstiegsspur in den Hang ab, der von hier nicht sichtbar ist.

Blick vom Gipfel des Steinschartenkopfes nach Oberstdorf

Vom Gipfel des Steinschartenkopfes aus sehe ich die beiden Bergsteiger, die nach mir kommen. Sie steigen nur bis Punkt 2427 auf, einer fährt dann auch noch nach Nordost ab. Vom Gipfel habe ich einen herrlichen Ausblick ins Oberstdorfer Tal und die ganzen Berge ringsum. Der Blick in Richtung Rappenseehütte offenbart im Wiesleskar am Heilbronner Weg auch wieder solch schöne kupierte weiße Weiten, wie ich sie im letzten Beitrag beschrieben habe. In einer geschwungenen Linie wird mein Auge in die Große Steinscharte zwischen Rotgund- und Hochgundspitze geführt. Auf dem Weg dahin sind viele Mulden und Gruben sowie Felsblöcke, die aus dem Schnee herausragen, zu sehen.

Mich hatte überrascht, dass ich von hier, am Gipfel des Steinschartenkopfes gerade noch Oberstdorf sehen kann. Der langgezogene Rücken, der zum Wildengundkopf und zur Trettachspitze reicht, liegt fast parallel zur Blickrichtung. Grund für die Überraschung ist wohl, dass ich den Gipfel von da, wo ich wohne, nicht als solchen erkannt habe, weil er zu unscheinbar ist.

Schöne Schwünge im Tiefschnee

Weil es für die Brotzeit am Gipfel zu kalt und windig ist, wähle ich diese nach der Abfahrt nach Nordost und dem Aufstieg zu Punkt 2427 einzunehmen. Die Spur, die mein Vorgänger gezogen hat, war einfach zu verlockend. Es war dann auch eine wunderbar leichte Abfahrt in einem herrlichen Pulver. Einfach ein Traum. Als ich nach vielen Jahren Abwesenheit 2015 wieder ins Allgäu zurückkam und langsam wieder mit dem Skitourengehen anfing, war mein Fahrvermögen bescheiden. Lange dachte ich, ich kriege das einfach nicht hin, gleichmäßig und elegant im Tiefschnee zu schwingen. Mittlerweile denke ich, dass ich recht gut auch in steilen Passagen zurecht komme und das Ergebnis sich sehen lassen kann.

Dass ich es schaffen würde, das Kratzerfeld ohne Patzer wie Kristian Rath zu durchfahren, glaube ich nicht, aber ich habe dazugelernt. Übung macht einfach den Meister. Eine nächste Herausforderung wäre der Heilbronner Weg im Winter. Hiebei würde ich wieder auf den Steinschartenkopf steigen und auch das berühmte Kratzerfeld befahren, und möglicherweise den herrlichen Spott von Rath auf mich ziehen.

Nordöstlich des Steinschartenkopfes: Spuren im Pulverschnee
Die Spur des Skitourengehers aus München und rechts, von oben kommend, die meine.

 

Ein Schneebrett löst von selbst aus und kreuzt meine Aufstiegsspur

Ich mache mich an die Mittagspause, als die beiden anderen hinter mir bereits wieder abfahren. Ich denke, auch sie hatten ab da schon relativ nassen Schnee zum Abfahren. Das lag vor allem an der starken diffusen Strahlung an diesem Tag, weil ab etwa 10 Uhr hohe Schleierwolken aufzogen. Diese führte dann auch zur Auslösung eines Schneebrettes, dessen Bahn meine Aufstiegsspur 1,5 Stunden früher kreuzte. Wie im Lawinenbericht für den 17. März vorhergesagt, löste sich dieses von selbst in einem etwa 40° steilen Gelände. Diffuse Strahlung störte die Stabilität der Schneedecke und eine obere Schicht rutschte über zwei Drittel des Hangs ab. Ich bin nicht in genau diesem Hangbereich aufgestiegen, hatte aber die Bahn während des Aufstiegs gekreuzt. 1,5 Stunden können in den Bergen einen entscheidenden Unterschied machen.

Schneebrett unterhalb des Steinschartenkopfes
Das erwähnte Schneebrett unterhalb des Steinschartenkopfes, das zwischen Punkt 2519 und 2439 von selbst auslöste. Rechts oben im Hintergrund meine Spur ab dem Gipfel.

 

Sommer- und Wintergenuss in einem

Ab Punkt 2427 bin ich südöstlich abgefahren und hatte erstaunlich guten Firn. Nur weiter unten in den Bereichen, in denen am Morgen noch Pulver lag, machte die Abfahrt keinen Spaß mehr, weil der Schnee zu nass war. Unterhalb der Unteren Rossgumpenalpe sitze ich dann noch eine Weile barfuß auf bemoostem Untergrund in der Sonne. Sommer- und Wintergenuss in einem.

Hier noch ein paar Bilder in Schwarz/Weiß:

Vom Steinschartenkopf Blick nach Südost
… und noch ein schöner Blick auf die Wildmahdspitze

 

Literatur: Skitourenführer „Lechtaler Alpen“, Dieter Elsner und Michael Seifert, Panico Verlag

Karte: Alpenvereinskarte Allgäuer-Lechtaler Alpen West, ISBN 978-3-928777-13-1

Schreibe einen Kommentar

Close Menu
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessern. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.