Was ist Heimat? – Meine Heimatbilder

Was ist Heimat? – Meine Heimatbilder
Heimat einer grünen weiten Welt - eine leere ausgeräumte Welt für große Maschinen

Was ist Heimat? Eine Erinnerung, ein Gefühl, ein Grundbedürfnis von mir? Ein Land, ein Ort? Ein Wort, das andere ausschließt, wie neuerdings oft zu vernehmen ist, und das in der Folge dem Anspruch der politischen Korrektheit geopfert wird? Der Begriff „Heimat“ tritt im Deutschen seit dem 16. Jahrhundert auf. In anderen Sprachen hingegen gibt es das Wort mit einem genau entsprechenden Bedeutungszusammenhang nicht. Im Englischen z. B. werden für Heimat laut dict.cc „homeland“, „habitat“ und „home“ oder „home country“, „native country“ und „native land“ angegeben. 

Was ist Heimat? Rind auf der Weide.
Ein Jungrind auf der Weide – auch ein Symbol für meine Heimat, und freundlicher als die großen Maschinen der heutigen Landwirtschaft, an denen oft Fahrrad und Auto kaum vorbei kommen.

Was ist Heimat im Wörterbuch?

Heimat ist laut dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache ein Ort, Land, oder eine Gegend, a) „wo jmd. zu Hause ist, sich heimisch fühlt“ oder b), „wo etw. heimisch ist, woher etw. stammt„. Damit kann also der Geburtsort, das Geburtsland, oder die Region, wo ich lebe oder mich zuhause fühle, gemeint sein. Oder neutraler, der Lebens- oder Herkunftsraum eines Lebewesens. Im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm ist vom Land oder Landstrich die Rede, „in dem man geboren ist oder bleibenden aufenthalt hat“ oder auch vom Geburtsort oder ständigen Wohnort.

Geistige Heimat, Heimat und Zuhause

Das Wort hat also einen örtlichen oder räumlichen Bezug. Was ist Heimat noch? Es bezieht sich im weiteren Sinne auch auf subjektive geistige und emotionale Räume und Landschaften. Daher kann eine Organisation, eine Partei oder Kirche z. B. Heimat für einen Menschen sein. Auch eine Weltanschauung, eine politische Ideologie, Denkrichtung oder Kunstform kann Heimat sein. Das Wort Heimat hat natürlich auch einen sozialen und ökonomischen Bezug. Einen Raum, eine Sprache, Gedankengut und Traditionen teile ich in der Regel mit anderen Menschen. Was ist der Unterschied zwischen „Zuhause“ und „Heimat“? Obwohl recht nahe bei einander, schwingen im Wort „Heimat“ eher als im Wort „Zuhause“ geistige und emotionale Inhalte mit, die bedeutsam sind für Identität und die eigene Geschichte.

Was ist Heimat in meinen Augen?

Was ist Heimat? In meinen Augen ist es ein Ort, bzw. eine Landschaft oder Gegend, in der ich lebe oder gelebt habe und wo ich Wurzeln geschlagen habe. Ich bin in besonderem Maße mit ihm oder mit ihr verbunden, fühle mich zugehörig und da zuhause. Ich kenne, wie gut oder flüchtig auch immer die Menschen, ihre Sprache, die Gegend. Bestimmte Orte und Plätze haben eine besondere Bedeutung für mich. Heimat ist für mich das Allgäu, aber ich habe mich auch in Brandenburg oder in Wisconsin heimisch gefühlt. Vielen anderen ist es der Ort oder das Land der Kindheit. Für andere wiederum gibt es einen solchen Ort nicht, weil sie mit ihren Eltern vielleicht mehrmals umgezogen sind.

Zugang zu einer intakten Natur gehören für mich auch zur Heimat, weil mir der Aufenthalt in der Natur wichtig ist. Ich bin ein Forscher und Erforscher, ein Fotograf, ein Wanderer und Bergsteiger, der es liebt, seine Umgebung zu Fuß – wie hier bei einer Wanderung im Kleinen Walsertal – zu erschließen.

Verlust der Heimat – was dann?

Die letzten zweihundert Jahre haben den Menschen viel abverlangt. Immer wieder mussten sie eine neues Zuhause finden. Die Industrialisierung, der Druck in die großen Städte zu ziehen hat sie oft zu Fremden in ihrer Welt gemacht. Politische Veränderungen, Krisen, Umstürze und Kriege raubten den Menschen oft ihre Heimat, all das, was ihnen zutiefst wichtig war. Viele haben alles bis auf das nackte Leben verloren. Was bedeutet der Verlust der Heimat für den Menschen? Wie, wenn mir die Heimat abhanden kommt, finde ich, wie schaffe ich mir eine neue Heimat?

Heimat – eine Liebesbeziehung?

Ebenso wie ein Partner kann mir die Heimat fremd werden und verloren gehen. Ich denke, ich kann mir eine neue Heimat aneignen durch mein Geben, durch meinen Umgang mit anderen. Die Qualität meiner Bezugnahme entscheidet darüber, ob ich Vertrauen und Sicherheit finde.

In jedem Fall ist „Heimat“ für mich ein Ausdruck für eine enge, tiefe Beziehung mit einem bestimmten Raum oder einem Territorium, in dem ich lebe und/oder mich zuhause fühle. Hier gibt es Dinge, die ich lieb gewonnen habe, die ich schätze und liebe. Wege, die ich immer wieder begehe, Orte, die ich immer wieder aufsuche. Darin drückt sich auch meine Liebe aus. In der Heimat fühle ich mich in stärkerem Maße verbunden mit Menschen und ihren Werken, mit Orten, den Dingen des Raumes und der Natur als in der Fremde, dem Gegenstück von „Heimat“. Es ist der Kreis in der Welt, in dem ich mich täglich bewege. Hier kommuniziere ich mit anderen. Ich setze mich ein, erhole mich und regeneriere.

Gleich den Beziehungen zu anderen Menschen erfahre ich in der Beziehung zu dem, was mit „Heimat“ gemeint ist, dass Geben und Empfangen gleich sind. Ich erfahre das, was ich investiere oder gebe.  Wende ich mich meiner Umgebung zu, trete in Kontakt mit ihr, lerne ich sie kennen. Ich komme anderen nahe. Gelingt die Beziehung, erfahre ich Vertrautheit, Sicherheit, Gemeinschaft. Werden meine Bedürfnisse nicht erfüllt, werde ich mich möglicherweise abwenden. Oder ich muss das in mir verändern, was mich hindert, eine größere Nähe zu erfahren.

Heimat – Entfremdung und romantische Verklärung

Der Begriff wird auch romantisch verklärend verwendet. Er wird klischeehaft mit Dingen assoziiert, die dem realen Leben der meisten oder vieler Menschen nicht mehr angehören. Was mit der Industrialisierung, Landflucht und den vielen Kriegen in Gang gesetzt wurde, wird heute vor allem durch die Digitalisierung und Globalisierung fortgesetzt. Beziehungen und Bindungen, die nicht gepflegt werden, lösen sich auf. So hat sich unsere Gesellschaft in Deutschland aber auch weltweit in den letzten zweihundert Jahren radikal verändert. Traditionelles Brauchtum und Heimatpflege entsprechen den Bedürfnissen vieler Menschen nicht mehr. Der Bezug ist verloren gegangen. Die Bezüge leben vielleicht nur noch in ritualisierten oder stark kommerzialisierten bzw. touristischen Zusammenhängen auf. Ich denke hier an das Oktoberfest oder den Viehscheid – Orte, an denen Menschen oft in großen Mengen Alkohol konsumieren.

Ähnlich der Beziehung zu einem Liebespartner gibt es auch in der Beziehung zur Heimat Veränderungen. Vielleicht Konflikte, Entfremdung, vielleicht auch Versöhnung und Wiederbelebung und erneute Bindung. Was bedeuten Verlust von Sinn stiftender Arbeit, die Vernichtung oder Abwanderung einer Branche? Oder die Zerstörung einer intakten und natürlichen Umgebung, z. B. durch eine Autobahn? Wann verändert sich die Lebenswelt der Menschen so stark, dass sie dauerhaft nach einer anderen Heimat suchen werden? Auch staatliches Handeln, das die Freiheit der Menschen zu stark beschneidet, kann zur Entfremdung führen. Zuwanderung von Menschen in großer Zahl, ohne dass Mechanismen entstehen, die die Menschen einander nahe bringen, bedeutet ebenso Entfremdung. 

Heimat – fundamentale Bedeutung und Sehnsuchtsort

In meiner Wahrnehmung betone ich hier eher Aspekte und Erfahrungen von Verlust und Entfremdung. Gewinn oder Aneignung von Heimat erscheinen im Hintergrund. In der Charta der deutschen Heimatvertriebenen heißt es: „Wir haben unsere Heimat verloren. Heimatlose sind Fremdlinge auf dieser Erde. Gott hat die Menschen in ihre Heimat hineingestellt. Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat trennen, bedeutet, ihn im Geiste töten.“ Ich empfinde diese Worte als drastisch und sehr dramatisch. Aber kann ich mich in die Not einfühlen, die mit dem Verlust oder der Zerstörung der materiellen Existenz, dem Verlust der Heimat, dem Verlust von Familienmitgliedern, dem Verlust der geistigen Heimat einhergeht?

Diese Worte zeigen, wie fundamental Heimat für Menschen ist. Und ja, vielleicht ist Heimat durch die unzähligen Veränderungen, Verwerfungen und Verwüstungen der letzten 200 Jahren auch zu einem Sehnsuchtsort geworden, den es nie gegeben hat. Eine Projektionsfläche für all das, was Menschen in der heutigen Welt vermissen: eine heile Welt, Liebe, Geborgenheit, Sicherheit, Sinn. Genauso wie Weihnachten wird auch Heimat gnadenlos ausgeschlachtet und kommerzialisiert. Die Menschen sollen kaufen, kaufen, kaufen. Das befriedigt ihre Bedürfnisse, so die Suggestion der Werbung, und sie kaufen. Heimatkitsch und allen möglichen Ramsch, den niemand braucht. Ist es Heimatliebe? Ist es Liebe?

Was ist Heimat? Mauer um eine abgelegene Kirche.
Was ist Heimat? Sehnsuchtsort? Mein Himmel? Täuschung?

Neue Heimat?

Sieht so meine neue moderne Heimat aus? Mit der Veränderung in der Landwirtschaft werden die alten Stadel durch Einweg-Plastik für Silageballen ersetzt.

Alte Heimat, falsche Heimat?

In geistiger Hinsicht haben Institutionen wie die Kirche stark an Autorität und Glaubwürdigkeit verloren. Mit der zunehmenden Individualisierung wird die Bindung an kirchliche Vorgaben und Angebote vielleicht bald verschwinden. Doch wo suchen bzw. finden Menschen heute Halt und Heil? Ich bin mir sicher, dass sie sich nicht mehr angezogen fühlen von Botschaften wie auf dem Bild dieser Kreuzesinschrift bei Sonthofen, wonach wir die „dornenvolle Bahn“ wählen sollen, die angeblich zum Himmel führt. Solche Gedanken führten junge Männer millionenfach auf die Schlachtfelder der Weltkriege. Voller Pathos zogen sie in den Krieg und opferten sich weiter, nachdem die Begeisterung längst verflogen war.

Kreuzesinschrift am Wegrand: Leiden als Weg zum Heil
Gedanken aus einer alten falschen Heimat: Leiden als Weg zum Heil.

 

Opfer für die Heimat: Gedenktafel für einen gefallenen Soldaten
Sinnloses Opfer für Heimat, Volk und Vaterland?

Falsche Heimat – Heiligung durch den Opfertod?

Oder wen dürfte die Geschichte des heiligen Alban in der Form noch inspirieren, wie sie in der Nähe von Aitrang in einer ihm geweihten schönen kleinen Kirche in idyllischer Lage erzählt wird? Der Heilige predigt und versucht die Heiden zu bekehren und wird daraufhin vor Gericht gestellt. Schließlich wird er enthauptet und fährt in den Himmel auf. Darstellungen voller Gewalt und immer wieder die Betonung des Leidens, des Martyriums als Grund für den Eintritt in den Himmel. Dem Heiland Jesus wird noch immer das Begräbnis verwehrt. Trotz Auferstehung muss er am Kreuz hängen bleiben. Sein kostbares Blut wird aufgefangen zur ewigen Erinnerung an sein Opfer und unsere „Sünden“. 

Gott sei Dank, heute gibt es nicht mehr nur diese eine verzerrte und entstellte Darstellung der Lehre Jesu. Aber ich bin mir sicher, dass solche falschen und brutalen Geschichten dazu beitragen, dass den Menschen ihre Heimat fremd wird. Daran ändern auch die neuen alten Kleider nichts, die man uns heute in den Medien vorsetzt. Im Gegenteil, sie machen den Menschen klein, hilflos und zum Fremden seiner selbst. Wer mich kennt, weiß um meine Medienkritik

Was ist Heimat? Nebelwolken lösen sich auf in der Morgensonne.
Heimat in der intakten bäuerlich geprägten Natur: Felder, Wald, Stadel, Hütten und Wegraine.

Heimat – Sehnsucht nach Einfachheit

Vielleicht sind Stadel und kleine Hütten anziehend, weil sie eine Behausung fern von den Irrungen und Wirrnissen der Zivilisation versprechen. Orte der Stille, wo ich mich anderen, vielleicht inspirierten Gedanken widme, die Freude und Frieden bedeuten. Vielleicht deuten diese Reste einer alten Zeit eine andere Heimat an, wecken eine vage und unerfüllte Sehnsucht nach einer Heimat neben oder hinter der fragwürdig gewordenen Heimat. Die Berge, die Stille in der Natur laden mich ein, einem essenziellen Bedürfnis nach Klärung, Klarheit, und Einfachheit Raum zu geben. 

Heimat oder wahre Heimat?

Kann es Heimat in dieser Welt wirklich geben? Kann die Welt Heimat sein, kann Europa Heimat sein? Wie viele Menschen, wie viel Nähe braucht Heimat? Wie viel Gleichklang, wie viel Präsenz und Kontinuität? Oder ist alles immer nur eine vorübergehende Erfahrung und Station in einem Lernen, das auf das Loslassen, die vollständige Vergebung der Welt zielt? Was sagt Jesus in Matthäus 8,19 zu einem Schriftgelehrten? „Die Füchse haben Löcher, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.“ Wo sind wir wirklich zuhause?

Heimat als mystische Erfahrung

Wer davon ausgeht, dass unsere wirkliche Heimat, unsere Quelle eine geistige Wirklichkeit ist, und wir selbst als Seele und/oder Geist auch ein ganzer und vollkommener Teil dieser geistigen Wirklichkeit sind, mag auch annehmen, dass wir zwar hier auf die Erde kommen, um nach eigener Wahl bestimmte Dinge zu lernen und bestimmte Erfahrungen zu machen, aber nicht hier zuhause sind. Wenn diese geistige Wirklichkeit und wir selbst von einer ewigen Natur sind, dann mag es für den Menschen möglich sein, dass diese Seinswirklichkeit hier in der irdischen materiellen Realität durchscheint bzw. unter bestimmten Umständen erkannt oder erinnert und erfahren wird. Viele Menschen haben von solchen Erfahrungen berichtet und von „Licht“, Liebe, „Einheit“ oder anderen „Dimensionen“ gesprochen.

Zweierlei Welten, zweierlei Wahrnehmung, zweierlei Heimat

Es liegt wohl in der Natur solcher mystischer oder spiritueller Erfahrungen, dass sie hier als vorübergehend erlebt werden. Die irdische Realität dominiert in der menschlichen Erfahrung die oberen Schichten des Bewusstseins und kennt kein ewiges Sein. Die „überirdische“, transzendente Welt ist der sinnlichen Wahrnehmung nicht zugänglich, aber sie ist irgendwie dem Menschen zugänglich, geistig, oder „im Herzen“ sichtbar und erfahrbar. Kann es sein, dass die oft endlose Suche des modernen Menschen nach allen möglichen Dingen, von denen er sich Glück und Erfüllung erhofft, in Wahrheit der anderen Welt, der anderen Heimat gilt, die uns in den Erfahrungen der Mystiker aufleuchtet?

Mystische Erfahrung und Sprache

Die Schwierigkeit besteht, diese mystische Erfahrung in Worte zu kleiden. Schon diese wenigen Zeilen vermitteln diese Schwierigkeit. Oft bleibt nichts anderes übrig, als Metaphern oder Bilder zu verwenden, die auch eine höhere oder geistige Bedeutung haben. Die irdische Realität schwindet oder verblasst dann in dieser Erfahrung, wie wenn ein Schleier gelüftet werden würde, oder man aus einem Traum erwachen würde. Demnach ist die ewige Wirklichkeit hier verschleiert und erscheint dem menschlichen Bewusstsein als ein bloßer Traum. Die Sehnsucht nach Heimat wäre dann vielleicht nicht die Sehnsucht nach einer nationalen oder regionalen Gruppenidentität, sondern die Sehnsucht nach einem wirklichen Zuhause, einer Verbindung, die zeitlos ist.

Schleier, Wolken, Nebel, Schatten, Traum sind dann Worte, die für die irdische Erfahrung stehen, bzw. für das, was die geistige und ewige Wirklichkeit verdeckt oder verbirgt. Die Sonne und ihr Strahlen, Licht, der heitere Himmel sind Erscheinungen und Worte, die die ewige Wirklichkeit und ihre Natur andeuten. Das Allgäu, meine momentane Heimat, mit seinen häufigen und vielen Niederschlägen, aber auch mit viel Sonnenschein erinnert mich oft an diese Bilder und Metaphern. Deshalb bin ich bei bestimmten Wetterlagen geneigt zu sagen: mystisches Allgäu.

Was ist Heimat? Idylle auf dem Land mit Birken und Wiese.Heimatliche Idylle und ein Ort der Stille – für einen Moment.

Nach Hause gehen

Lektion 182 in Ein Kurs in Wundern heißt: „Ich will einen Augenblick lang still sein und nach Hause gehen.“ Dort – nachfolgend absatzweise kursiv zitiert – heißt es:

Diese Welt, in der du zu leben scheinst, ist nicht dein Zuhause. Und irgendwo in deinem Geist erkennst du, dass das wahr ist. Eine Erinnerung an zu Hause hört nicht auf, dich heimzusuchen, als gebe es einen Ort, der dich zur Rückkehr riefe, obschon du weder die Stimme wiedererkennst noch woran die Stimme dich erinnert. Und dennoch fühlst du dich hier wie ein Fremder von wer weiß woher. Es ist nichts Eindeutiges, sodass du mit Bestimmtheit sagen könntest, dass du hier ein Verbannter bist. Da ist nur ein beharrliches Gefühl, manchmal nicht mehr als ein winzig kleines Pochen, zu anderen Zeiten kaum erinnert und aktiv abgetan, das aber sicherlich dir wieder in den Sinn kommt.

Diese Welt ist nicht unser Zuhause

Wir geben allem die ganze Bedeutung, die die Dinge für uns haben. Was wir Heimat nennen, ist demnach eine Entscheidung. Es ist auch eine Gewohnheit, eine Prägung, die wir hinter uns lassen, wenn wir begreifen, dass wir niemals in der Welt zuhause sein werden. Demgemäß werden wir immer suchen, solange wir uns als getrennt sehen. Wenn wir zurück in die Einheit wollen, werden wir die Welt hinter uns lassen.

Es gibt niemanden, der nicht wüsste, wovon wir sprechen. Doch einige versuchen, ihr Leiden in Spielen wegzulegen, die sie spielen, um ihre Zeit zu füllen und ihre Trauer von sich fern zu halten. Andere verleugnen, dass sie traurig sind, und sehen ihre Tränen gar nicht. Noch andere behaupten, dass das, wovon wir sprechen, Illusion ist und nur als Traum betrachtet werden sollte. Wer aber würde – in schlichter Ehrlichkeit, ohne Abwehrhaltung und Selbsttäuschung – leugnen, dass er die Worte, die wir sprechen, wohl versteht?

Täuschung und Ehrlichkeit – Ohnmacht und Macht

Wie lange noch wollen wir suchen nach dem perfekten Partner oder dem besseren Umstand? Immer weiter versuchen die Welt zu verändern oder Heilung durch Magie zu erwirken? Wir geben unsere Macht ab an äußere Umstände, an fremde Mächte, weil wir nicht glauben, dass alle Macht in uns liegt. Wir könnten uns daran erinnern, wer wir in Wahrheit sind, um all das zu finden, was wir wollen. Doch wir spielen mit dem Tand der Welt und können unser Leiden nicht der Ursache zuordnen, die in unseren Irrtümern liegt. Die Welt aber kann kein einziges Heilmittel für unser Leiden bieten. Sind wir uns dessen aber wirklich nicht bewusst?

Regenpfütze auf einem Golfplatz - Spiegel meiner Heimat?
Eine Regenpfütze auf einem Golfplatz spiegelt den Herbstwald nebenan.

Wir sprechen heute für jeden, der auf dieser Erde wandelt, denn er ist nicht zu Hause. Er wandert in endloser Suche ungewiss umher, sucht in der Dunkelheit, was er nicht finden kann, und begreift nicht, was es ist, das er sucht. Er macht sich Tausende von Heimen, doch keines stellt seinen ruhelosen Geist zufrieden. Er versteht nicht, dass er vergeblich baut. Das Zuhause, das er sucht, kann nicht von ihm gemacht sein. Es gibt keinen Ersatz für den Himmel. Alles, was er je gemacht hat, war die Hölle.

Der verlorene Sohn in der Fremde

Der verlorene Sohn wird solange weiter bauen, sich mühen und Tränen vergießen, bis er innehält und zu sich kommt. Die Welt kann nicht seine Heimat werden. Seine Heimat ist nur die, die sein Vater ihm erschuf. Unser Irrtum liegt darin, dass wir glauben, es gäbe eine bessere Umgebung, oder einen Zustand, der uns mehr erfüllt als das, was unser Vater im Himmel erschaffen und uns gegeben hat.

Vielleicht glaubst du, es sei das Haus aus deiner Kindheit, welches du wiederfinden möchtest. Die Kindheit deines Körpers und sein Zufluchtsort sind eine Erinnerung, die jetzt derart verzerrt ist, dass du nur das Bild einer Vergangenheit hegst, welche niemals stattgefunden hat. Doch ist ein Kind in dir, das seines Vaters Haus sucht und erkennt, dass es hier fremd ist. Diese Kindheit ist ewig, mit einer Unschuld, die auf immer währen wird. Wo dieses Kind hingehen wird, da ist heiliger Boden. Und seine Heiligkeit ist es, die den Himmel hell macht und die reine Widerspiegelung des Lichtes droben auf die Erde wiederbringt, in welchem Erde und Himmel sich als eins verbinden.

Zweierlei Erinnerung an Kindheit und Heimat

Zweierlei Erinnerung an Kindheit, an Heimat und eine Ahnung von einer enormen Energie und Intensität. Eine Energie, die uns in unseren begrenzten Vorstellungen zu den aberwitzigsten Handlungen treibt und enorme Mühen für unsere Ziele in Kauf nehmen lässt. Ziele, die ihren Wert in dem Moment verlieren, in dem wir sie erreichen und sogleich nach neuen Zielen Ausschau halten. Was tun wir nicht alles, um das göttliche Kind in uns, den göttlichen Funken zu ersticken. Wir halten es aus unserem Bewusstsein fern, indem wir uns ablenken, betäuben oder den Schmerz wählen.

Und es ist dies Kind in dir, das dein Vater als seinen eigenen Sohn kennt. Es ist dies Kind, das seinen Vater kennt. Es verlangt so innig und so unaufhörlich, heimzugehen, dass seine Stimme zu dir weint, es eine Weile ruhen zu lassen. Es bittet nicht um mehr als eine Ruhepause von einigen wenigen Augenblicken nur, um eine Spanne nur, in der es zurückgehen kann, um erneut die heilige Luft zu atmen, die seines Vaters Haus erfüllt. Auch du bist sein Zuhause. Es wird wiederkommen. Doch gib ihm nur ein wenig Zeit, es selbst zu sein, in dem Frieden, der sein Zuhause ist, indem du in Schweigen und in Frieden und in Liebe ruhst.

Alle sind gerufen, wenige antworten

Alle sind gerufen, wenige antworten, indem sie dieses göttliche Kind in sich annehmen und es für einen Augenblick nach Hause gehen lassen in unsere wirkliche Heimat. Während die Welt immer verrückter zu werden scheint, klopft es in jedem von uns an, in jedem Augenblick eines jeden Tages. Wollen wir nicht auch und wieder die „heilige Luft“ atmen, die uns von Natur aus geschenkt ist und die uns unsere Heiligkeit zurückerstattet?

Den vollständigen Text der Lektion 182 findest du hier.

Blick in den Abgrund einer Rinne in den Bergen.
Die Welt blickt in den Abgrund und ins Chaos. Wir aber brauchen keine Angst haben, denn wir sind nicht schwach und hilflos. Wir sind niemals verloren, egal wo wir sind und was wir als Heimat ansehen mögen.

Was ist Heimat für dich? Welche Bilder assoziierst du mit dem Wort, bzw. was sind deine Heimatbilder?

Dieser Artikel hat 4 Kommentare

  1. Wunderschöner Artikel. ?

  2. Lieber Alban…Heimat ist ein Begriff über den ich auch schon öfter nachgedacht habe,wahrscheinlich weil ich mich selber in zunehmendem Maße heimatlos fühle.Danke für deine wertvollen Gedanken und Überlegungen und natürlich die schönen Bilder.Du hast einfach einen Blick für das Schöne…(aber auch für Schwieriges) Schönheit ist übrigens das,was die Welt noch irgendwie retten kann…(Dostojewski?)…meine auf jeden Fall…
    Liebe Grüße
    Maria

    1. Danke liebe Maria, ja, große Veränderungen bringen wohl zwangsläufig Erfahrungen von Heimatlosigkeit mit sich. Unsere Welt wird uns fremd, wenn wir nur den Blick auf das richten, was wir in den Medien und der Politik zu sehen bekommen. Gott sei Dank haben wir immer die Möglichkeit, den Blick auf die Natur und unsere unmittelbare Umgebung, das Hier und Jetzt, zu richten und zu erkennen, dass wir sicher sind. Das Gefühl von Heimatlosigkeit wäre dann vielleicht einfach das Gefühl von Einsamkeit, von Getrennt sein. Das bei passender Gelegenheit mitzuteilen schafft neue Verbindung, und die Wahrnehmung des Schönen ruft Freude in uns hervor, mit der wir auf die Welt anders zugehen als in dem Gefühl der Einsamkeit. Somit retten wir uns selbst.

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